Erfahrungsbericht Leistungstest in der Crossklinik

Unser Mitglied Emanuel Müller war gestern in der Crossklinik. Er hat freundlicherweise einen kurzen Bericht über den Leistungstest geschrieben, den er dort absolviert hat. Also viel Spass beim Lesen und vielen Dank an Emanuel!

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Am 13.01.2014 absolvierte ich im Auftrag des Hilite-Bikes-Testteam einen Laktatstufentest in der Crossklinik in Basel. Ziel dieses Leistungstests ist es den aktuellen Ausdauertrainingsstand im Sinne einer Standortbestimmung zu ermitteln, um ein individuelles, effektives und zeitökonomisches Training festzulegen.

Für mich war es der erste Leistungstest überhaupt und es kamen entsprechend Fragen auf: Wie wird es sich anfühlen? Wie sieht meine Laktat-Leistungskurve aus? Wo liegt meine anaerobe Schwelle und wie hoch wird meine Abbruchleistung sein? Letztere versuchte ich anhand meiner Leistungen an den letztjährigen Bergrennen  abzuschätzen. Dort konnte ich ca. 370-380W (5.7-5.8W/kg) während ca. 12min fahren. Da ich in den letzten Wochen viel gefahren bin und zurzeit mich in guter Form fühlte, sollte ich zumindest in der Lage sein die 370W Stufe von 3min treten zu können, vielleicht reicht es sogar für die 400W Stufe. Egal wie gut ich bin, eins war mir klar: Ich werde leiden und die Resignation ist vorprogrammiert. Dennoch machte ich mich mit viel Selbstvertrauen, Neugier, aber doch auch ein wenig Respekt auf den Weg zur Crossklinik – mit dabei meine Rennradschuhe, Rennrad-Trikot und –hose, Radsocken, Duschzeug, Ersatzkleidung und Getränk.

In der Crossklinik angekommen, musste ich zuerst einen Patientenzettel ausfüllen. Da ich neu in der Crossklinik war und meinen ersten Leistungstest absolvierte, musste ich mich zuerst noch einem EKG unterziehen. 2 junge Damen verkabelten mich und prüften, ob meine Herzstromkurve normal ist. Nach normalem EKG-Befund konnte ich mich zum Leistungstest begeben: Ich zog mich um und wurde schon bald von einer jungen Frau namens Fabienne abgeholt und in den Raum nebenan geführt. Dort stand es auch schon, das Ergometer, auf dem ich für ca. eine halbe Stunde gequält werde, schön langsam, von Stufe zu Stufe etwas mehr. Fabienne wollte von mir noch ein paar Informationen einholen, z.B. was ich am heutigen Tag zur welchen Zeit gegessen habe und wie umfangreich und intensiv ich heute, gestern und vorgestern trainiert habe. Sie fragte mich auch nach der Befindlichkeit und Motivation, Krankheiten und Medikamenteneinnahme in letzter Zeit usw. Waren alle Fragen geklärt erklärte sie mir den Testablauf: 1. Stufe 100W, Erhöhung um 30W alle 3min bis zur Ausbelastung; Borgskala zur subjektiven Empfindlichkeit: 6 (überhaupt keine Anstrengung) – 20 (grösst mögliche Anstrengung). Das subjektive Belastungsempfinden müsse ich am Ende jeder Stufe mitteilen, zudem werde mir am Ende jeder Stufe ein wenig Blut am Ohrläppchen genommen, um die Laktatkonzentration zu bestimmen – wusste ich alles schon zuvor. Für den Test war wichtig, dass ich ständig eine Trittfrequenz um 80 einhalte und im Sitzen fahre. Bevor der Test startete wurde mir noch für die Bestimmung der Herzfrequenz einen Pulsgurt angelegt und meine Sitzposition eingestellt. In die Pedale eingeklickt und ein paar Testumdrehungen gemacht – alles war wunderbar und dem Test stand nichts mehr im Weg. Wie wird mir wohl Fabienne gesinnt sein? Hat sie Mitleid mit mir oder wird sie Spass daran haben mich in Kürze auf dem Ergometer leiden zu sehen?

Es begann mit 100W, nicht mehr als einfach ein bisschen in die Pedale treten. Die nächste Belastungsstufe – 130W- fühlte sich ebenfalls sehr locker an, sodass ich sie mit geschlossenem Mund absolvieren konnte. Auf dem Computer wurde ich jederzeit über meine aktuelle Tritt- und Herzfrequenz, Belastungsstufe und die verbleibende Belastungszeit je Stufe informiert. Meine Herzfrequenz lag schon bei 145 Schlägen pro Minute. Ob dies normal ist oder mit meiner etwas erhöhten Nervosität zusammenhing? Auch 160W und 190W fühlten sich locker an, mein Körper produzierte nun aber schon deutlich mehr Wärme und die Atmung wurde etwas tiefer und schneller. Bei 220W begann ich intensiver zu schwitzen, die Belastung war jetzt schon ein wenig hart aber keineswegs unangenehm. Zu meinem Erschrecken lag mein Puls nun aber schon bei 173. Was ist los mit mir, neigt sich der Test schon bei lächerlichen 220W dem Ende zu? Ich nahm mir mindestens 370W, besser 400W zum Ziel vor. Habe ich mein Leistungsvermögen vollends überschätzt. Fabienne machte mir wenig Hoffnung. Sie rechnete mit einer Erhöhung der Herzfrequenz von 10 Schlägen pro Belastungsstufe, traute mir noch 2 Stufen zu und allenfalls die 300W Marke zu knacken. Schon bald prognostizierte sie den Testabbruch auf 5 Minuten. Dann ist Schluss, aus die Maus. Ich hingegen beruhte mich auf meine Erfahrungswerte. Ich machte ihr unmissverständlich klar, dass ich die 370W zu Ende treten möchte und dazu auch in der Lage bin – Ich sollte Recht behalten. Der Weg dahin war aber schon beschwerlich. Mir wurde zunehmend heiss, die Atmung wurde schneller und die Herzfrequenz erhöhte sich erneut. Bei 280W waren es schon sehr hohe 189 Schläge/Minute, die gefühlte Intensität war jetzt hart aber von Leiden noch keine Spur. Fabienne begann mich jetzt anzufeuern, sie wollte und glaubte, dass ich die 300W knacke, dann aber wohl bald Schluss sei. Bei 310W fing es dann an etwas weh zu tun, der Spass war jetzt endgültig vorbei. Ich wusste aber, dass ich noch länger kann, wurde mir aber auch bewusst, dass die 400W wohl eher ins Reich der Phantasien gehören, zumindest am heutigen Tag auf dem Ergometer und den herrschenden Fahrbedingungen. Ich kämpfte mich dann noch über die 340W Stufe. Mein Puls lag jetzt bei 200 und es tropfte nur so von mir herunter. Ein bisschen Fahrtwind wäre sehr wohltuend gewesen. Dann habe ich meine Zielstufe von 370W erreicht. Es fühlte sich auf dieser Stufe schon äusserst anstrengend an, 3 Minuten sollte ich jetzt noch durchhalten – eine kleine Ewigkeit. Nach 1 Minute auf dieser Stufe dachte ich erstmals ans Aufgeben, konnte mich aber noch unter der verbalen Motivation von Fabienne über die restliche Stufendauer quälen, dann war aber endgültig Schluss. Meinen Puls habe ich auf der letzten Stufe noch bis auf 205 hoch gejagt.  Ich wusste nicht, dass ich mit meinen 25 Jahren noch so einen Maximalpuls haben kann.

Nach Testabbruch musste ich mich vorerst mal 2-3 Minuten gründlich erholen. Dann gings unter die Dusche. Meine Abbruchleistung von 370W (5.7 W/kg) kannte ich bereits, anhand meiner bisherigen Erfahrungswerte nicht berauschend, aber eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Ich wartete jetzt noch auf meine persönliche Laktat-Leistungskurve, meine individuelle anaerobe Schwelle (IAS) und die daraus empfohlenen Trainingsbereiche. Dabei stellte sich heraus, dass meine Laktat-Leistungskurve eher einer gut trainierten polysportiven Person als einem gut trainierten Ausdauersportler gleicht, d.h. ich komme zu schnell in den anaeroben Bereich und verstoffwechsle zu früh Kohlenhydrate. Für mich war das wie ein Schlag ins Gesicht, da ich meine aerobe Kapazität als sehr gut einschätzte. Es kamen aber auch Fragen auf. Wie ist es möglich, dass ich vor 4.5 Monaten beim Alpenbrevet (Langzeitausdauer Kategorie IV) auf den 3. Platz gefahren bin? Ein Widerspruch? Mit meiner jetzigen Laktat-Leistungskurve wäre wohl meine erbrachte Leistung vor 4.5 Monaten physiologisch nicht erklärbar. Hat sich meine aerobe Kapazität während dieser kurzen Zeit derart verschlechtert, trotz den vielen Trainings? Einen Vergleichstest (z.B. Spiroergometrie) wäre sicher aufschlussreich und interessant.

Wie auch immer, ich werde die Daten sicher ernst nehmen und mich an den für mich empfohlenen Trainingintensitäten (GA1, GA2, ÜB, EB, SB) halten mit dem Ziel, die aerobe Kapazität zu verbessern und die anaerobe Schwelle nach rechts (hin zu höheren Wattwerten) zu verschieben.

Auch wenn man bei einem solchen Leistungstest an seine physische Belastungsgrenze gehen muss und ich mir bessere Resultate erhofft hätte, war es für mich eine positive Erfahrung und ich freue mich schon auf den nächsten Test im März mit dem Ziel mich zu verbessern. Die 400W Stufe möchte ich dann fahren können und meine IAS erhöhen.

Ich würde es aber schätzen, wenn punkto Trittfrequenz und Fahrstil (Sitzen, Wiegetritt) der Testperson – falls technisch möglich –  mehr Flexibilität gegeben würde. So könnten die individuellen Fahrbedürfnisse ermöglicht und das reale Fahrverhalten besser abgebildet werden.

Fraglich ist auch ob die gewählte Sitzposition einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat. Eine aerodynamische Sitzposition auf dem Ergometer bringt natürlich keinen aerodynamischen Vorteil, kann aber dazu führen dass die Kraftentfaltung weniger hoch ist und mehr statische Arbeit durch Aufstützen verrichtet werden muss. Mir persönlich kam die aerodynamische Sitzposition auf dem Ergometer eher unvorteilhaft vor und ich empfand die Tretleistungen intensiver als auf meinem eigenen Rennrad. Einen Vergleich mit einer aufrechteren Sitzposition wäre interessant.

Wie auch immer, sobald ich meine Wattkurbel habe, werde ich nach meinen persönlichen Trainingsempfehlungen trainieren und hoffe auf sichtbare Resultate im nächsten Leistungstest, damit ich dann gut gerüstet für die anstehende Rennsaison bin.

 

Sportliche Grüsse,

euer Emanuel

 

 

 

Impressionen vom Leistungstest:

Emanuel in der Corssklinik I

Emanuel in der Crossklinik II

Brav mit neuem Trikot


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Kommentare

Eine Antwort zu „Erfahrungsbericht Leistungstest in der Crossklinik“

  1. Avatar von Sämi
    Sämi

    Hoi Emanuel,
    Es sollte auch in der Crossklinik möglich sein, dein eigenes Rennrad in den Ergometer einzuspannen! In der Rennbahn in Muttenz ist dies jedenfalls möglich (Standard). Bringt sicher zuverlässigere Resultate…
    lg Sämi